Für den Inhalt dieser Seite ist eine neuere Version von Adobe Flash Player erforderlich.

Adobe Flash Player herunterladen

Steuerberater Gißewski
Home
Unsere Mitarbeiter
Leistungsspektrum
Besondere Leistungen
News
Impressum
Datenschutzerklärung
Galerie
Anfahrt
Links

Brief für Unternehmer und Freiberufler des Monats Dezember 2013


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Können Sonderzahlungen an Arbeitnehmer (Weihnachtsgeld) von Stichtagsregelungen abhängig gemacht werden?

2.

Fristlose Kündigung bei geringer Nebentätigkeit für Konkurrenz?

3.

Strenge Anforderungen bei Beweis der geringen Sorgfalt eins Gesellschafters

4.

Welche Steuerbefreiung entscheidet über den Vorsteuerabzug?

5.

Grundstückskaufverträge: BMF akzeptiert nur unbedingte Option

6.

Keine Rechnungskorrektur ohne Rechnung

7.

Profifußball: Zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen von Spielervermittlern

8.

BMF gibt Entwarnung für Gutschriften

9

Istversteuerung: Was ist Buchführung?

10.

Wann ist das Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang verwirkt?

11.

Neue Beitragsbemessungsgrenzen für 2014

12.

Buchwert-Einbringung: keine Sperrfristverletzung bei 1-Mann-GmbH & Co. KG

13.

Zur Einziehung des Geschäftsanteils eines GmbH-Gesellschafters

14.

Ankaufsuntersuchung bei Pferdekauf: Schadensersatz gegen Tierarzt?

15.

Wann hat ein Gläubiger Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners?

16.

AGG erlaubt auch Altersgrenzen für freie Mitarbeiter

17.

Unfall während Trinkpause am Kopierer ist kein Arbeitsunfall

18.

Insolvenzanfechtung: Rückforderung von Arbeitsvergütung

19.

Keine diskriminierende Kündigung bei Unkenntnis über Schwangerschaft

20.

Auch Hausboote können Grundstücke sein

21.

Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen

22.

Wann besteht Anspruch auf Wiedereinstellung rückkehrwilliger Arbeitnehmer?

23.

Arbeitgeber darf bei Weihnachtsfeier Überraschungsgeschenke verteilen

24.

Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen

25.

Bei Zimmervermietung an Prostituierte gilt der Regelsteuersatz (19 %)


1. Können Sonderzahlungen an Arbeitnehmer (Weihnachtsgeld) von Stichtagsregelungen abhängig gemacht werden?

Kernaussage
Wird in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, die auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. des Jahres abhängig gemacht, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, ist eine solche Stichtagsregelung unwirksam.

Sachverhalt
Seit 2006 war der Kläger als Controller bei dem beklagten Verlagsunternehmen beschäftigt. Er erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine als Gratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Diese wurde ab dem Jahr 2007 als Weihnachtsgratifikation bezeichnet. Jeweils im Herbst eines Jahres übersandte die Beklagte ein Schreiben an alle Arbeitnehmer, in dem "Richtlinien" der Auszahlung aufgeführt waren. In dem Schreiben für das Jahr 2010 hieß es u. a., die Zahlung erfolge "an Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis" befänden. Für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung sollten Verlagsangehörige 1/12 des Bruttomonatsgehalts erhalten. Nach den Richtlinien erhielten im Lauf des Jahres eintretende Arbeitnehmer die Sonderzahlung anteilig. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete aufgrund seiner Kündigung am 30.9.2010. Mit seiner Klage beanspruchte der Kläger anteilige (9/12) Zahlung der Sonderleistung. Die Klage wurde von den Vorinstanzen abgewiesen.

Entscheidung
Das Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat das Verlagsunternehmen zur Zahlung verurteilt. Nach den Richtlinien soll die Sonderzahlung einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen, zugleich aber auch der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit dienen. In derartigen Fällen sind Stichtagsregelungen, wie sie in den Richtlinien vereinbart sind, nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unwirksam, denn die Klausel benachteiligt den Kläger unangemessen. Sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken der dort ebenfalls geregelten arbeitsrechtlichen Vorschriften, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Der Vergütungsanspruch wurde nach den Richtlinien monatlich anteilig erworben. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Sonderzahlung Gegenleistung vornehmlich für Zeiten nach dem Ausscheiden des Klägers oder für besondere – vom Kläger nicht erbrachte – Arbeitsleistungen sein sollte.

Konsequenz
Dient die Sonderzahlung auch der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit, darf dem Arbeitnehmer ein solcher bereits erarbeiteter Lohn nicht durch eine Stichtagsregelung in AGB wieder entzogen werden.

2. Fristlose Kündigung bei geringer Nebentätigkeit für Konkurrenz?

Kernaussage
Übt ein Arbeitnehmer nur in geringem Umfang eine Nebentätigkeit für einen Wettbewerber aus, so rechtfertigt dieser Wettbewerbsverstoß nicht ohne weiteres eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne vorausgegangene Abmahnung. Entscheidend ist, wie stark die Interessen des Arbeitgebers durch den Wettbewerbsverstoß beeinträchtigt worden sind und ob der Arbeitnehmer in Schädigungsabsicht gehandelt hat.

Sachverhalt
Die Arbeitgeberin betreibt eine Gebäudereinigung. Die Arbeitnehmerin war seit 2006 als Kundenbetreuerin dort beschäftigt und betreute u. a. ein Objekt, dass die Arbeitgeberin zum 1.5.2011 an ein Konkurrenzunternehmen verlor. Seit dem 1.5.2011 war der Ehemann der Arbeitnehmerin in diesem Objekt als Reinigungskraft in Nebentätigkeit tätig. Spätestens seit dem 1.8.2011 führte dann auch die Arbeitnehmerin in dem Objekt Reinigungsarbeiten für das Konkurrenzunternehmen durch (ca. 19 Std./Monat für ca. 185 EUR/Monat). Die Arbeitnehmerin ist Betriebsratsmitglied und seit dem 1.3.2012 in dieser Funktion freigestellt. Im Jahr 2012 erhielt die Arbeitgeberin Kenntnis von der Nebentätigkeit und beantragte daraufhin beim Betriebsrat die Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Arbeitnehmerin. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung; hierauf zog die Arbeitgeberin vor das Arbeitsgericht und bekam Recht. Das Landesarbeitsgericht sah dies indes anders.

Entscheidung
Während des Bestehens der Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer zwar grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn der Einzelvertrag keine ausdrückliche Regelung enthält. Bei Bestimmung der Reichweite dieses Wettbewerbsverbots ist jedoch die geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist daher festzustellen, ob die anderweitige Tätigkeit zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers führt, was bei bloßen Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsverbot wohl nicht der Fall sein dürfte. Hier erschien die Interessenbeeinträchtigung der Arbeitgeberin durch das Wettbewerbsverbot eher gering. Es handelte sich um einfach gelagerte Tätigkeiten, die keiner besonderen Sachkunde bedurften und deren Vorteil für den Wettbewerber kaum messbar sein dürfte. Es wurden keine Geschäftsgeheimnisse verraten und es bestand kein Kundenkontakt. Die die Interessen der Arbeitgeberin nur leicht verletzenden Tätigkeiten wurden schließlich nur in einem geringen Umfang ausgeführt. Die Arbeitnehmerin handelt zudem auch nicht in Schädigungsabsicht.

Konsequenz
Insgesamt wäre vor dem Ausspruch der Kündigung als milderes Mittel eine Abmahnung erforderlich gewesen.

3. Strenge Anforderungen bei Beweis der geringen Sorgfalt eins Gesellschafters

Kernaussage
Die Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) für vertragswidriges Verhalten ist auf den Maßstab der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten begrenzt. An den Beweis, in eigenen Angelegenheiten eine geringere als die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anzuwenden, sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Umstand, dass sich der Gesellschafter zugleich selbst schädigt, reicht zum Nachweis nicht aus.

Sachverhalt
Der Beklagte und der Versicherungsnehmer (VN) der Klägerin schlossen sich zu einer GbR zusammen, um Statikleistungen für den Neubau eines Parkhauses arbeitsteilig zu erbringen. Die Gesamtvergütung sollte hälftig geteilt werden. Der Kläger war absprachegemäß nur für die statische Berechnung sowie die Ausführungspläne der Fundamente verantwortlich. Der Versicherungsnehmer erbrachte die gleichen Leistungen in Bezug auf die Decken. Wegen auftretender Mängeln stand nach Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens fest, dass diese auf Fehler der statischen Berechnung der Geschossdecken zurückzuführen waren. Die Klägerin regulierte als Berufsversicherer den Schaden und verlangt nunmehr einen hälftigen Ausgleich durch den Beklagten. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Beklagten Recht.

Entscheidung
Der Gesamtschuldnerausgleich zwischen den Gesellschaftern bemisst sich regelmäßig nach dem Maßstab der vereinbarten Gewinn- und Verlustbeteiligung. Etwas anders kann gelten, wenn die Verpflichtung der Gesellschaft zum Ausgleich im Außenverhältnis auf schuldhaftem Verhalten eines Gesellschafters beruht. Wegen Mitverschuldens kann sodann die Haftung im Innenverhältnis sogar ganz ausgeschlossen sein. Die Haftung der Gesellschafter ist allerdings auf den Maßstab der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten begrenzt. Vorliegend hätte die Klägerin beweisen müssen, dass der Versicherungsnehmer – für den Beklagten erkennbar – in eigenen Angelegenheiten eine geringere als die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anzuwenden pflegt. Ein Vortrag dahingehend, der Versicherungsnehmer erstelle die ihm obliegende Tragwerksplanung immer leicht fahrlässig und dies sei für den Beklagten erkennbar, liegt nicht vor.

Konsequenz
Die Haftung für eigenübliche Sorgfalt kann dazu führen, dass derjenige, der in eigenen Angelegenheiten etwas nachlässig zu handeln pflegt, begünstigt ist. Dies kann nur zu Lasten der Mitgesellschafter ergehen, wenn das Verhalten des Schädigers für diese erkennbar ist.

4. Welche Steuerbefreiung entscheidet über den Vorsteuerabzug?

Kernaussage
Es gibt steuerfreie Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen und solche, die diesen nicht zulassen. Schwierig wird es, wenn für einen Umsatz mehrere Befreiungen in Frage kommen, die hinsichtlich des Vorsteuerabzugs nicht zum selben Ergebnis führen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, welche Steuerbefreiung letztendlich über den Vorsteuerabzug entscheidet.

Sachverhalt
Die Klägerin, eine gemeinnützige GmbH, versandte 2001 und 2002 Blutplasma in das übrige Gemeinschaftsgebiet. Die Lieferungen stellten innergemeinschaftliche Lieferungen dar, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Allerdings ist die Lieferung von Blutplasma im Inland auch nach einer weiteren Vorschrift (§ 4 Nr. 17 UStG) von der Umsatzsteuer befreit. Diese Befreiung lässt keinen Vorsteuerabzug zu. Strittig war, ob die Klägerin den Vorsteuerabzug aus dem Einkauf des Blutplasmas vornehmen konnte.

Entscheidung
Unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) versagt der BFH der Klägerin den Vorsteuerabzug. Demnach besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug für innergemeinschaftliche Lieferungen von Gegenständen, deren Lieferung im Inland steuerfrei wäre.

Konsequenz
Berechtigt die steuerfreie Lieferung eines Gegenstandes im Inland nicht zum Vorsteuerabzug, so bleibt dies auch so, wenn die Lieferung im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung erfolgt. Hierdurch wird verhindert, dass das im Inland gültige Verbot des Vorsteuerabzuges durch "geschickte" innergemeinschaftliche Lieferungen ausgehebelt wird. Im Hinblick auf einen korrekten Vorsteuerabzug müssen Unternehmen, die derartige Umsätze erbringen, in der Finanzbuchhaltung zwischen innergemeinschaftlichen Lieferungen mit und ohne Vorsteuerabzug differenzieren.

5. Grundstückskaufverträge: BMF akzeptiert nur unbedingte Option

Kernaussage
Grundstücksverkäufe an Unternehmer können als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) oder als "normale" steuerfreie Veräußerung zu behandeln sein. Von Bedeutung ist diese Differenzierung im Hinblick auf eine mögliche Berichtigung der im Zusammenhang mit dem Objekt geltend gemachten Vorsteuer (nach § 15a UStG). Bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen ergibt sich keine Vorsteuerberichtigung für den Verkäufer, da der Erwerber in dessen "Fußstapfen" tritt und das Vorsteuerkorrekturpotential fortführt. Liegt hingegen keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, ist der Verkauf steuerfrei. Eine Korrektur der Vorsteuer zuungunsten des Verkäufers kann dann nur durch eine Option zur Umsatzsteuer vermieden werden (§ 9 Abs. 1 UStG). Gehen die Vertragsparteien davon aus, dass der Verkauf als Geschäftsveräußerung im Ganzen zu behandeln ist, wird häufig zusätzlich eine Umsatzsteuerklausel vereinbart, wonach zur Umsatzsteuer optiert wird, um eine Vorsteuerberichtigung zu vermeiden, falls die Finanzverwaltung den Verkauf nicht als Geschäftsveräußerung im Ganzen qualifiziert.

Aktuelle Rechtslage
Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums (BMF) ist eine Option zur Umsatzsteuer nur noch bis zur formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Jahr des Vertragsabschlusses zulässig. Diese tritt mit Ablauf der Einspruchsfrist des entsprechenden Umsatzsteuerbescheides ein. Bisher beinhalteten die Umsatzsteuerklauseln häufig nur eine bedingte Option zur Umsatzsteuer, die dann eintrat, wenn die Finanzverwaltung die Geschäftsveräußerung im Ganzen endgültig abgelehnt hatte. Aufgrund der geänderten Rechtslage wurde nunmehr zu einer unbedingten Option geraten, da befürchtet wurde, dass die bedingte Option ins Leere läuft. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. hatte diese Auffassung bestätigt, eine Stellungnahme des BMF fehlte hierzu allerdings noch.

Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF bestätigt nun die Auffassung der OFD Frankfurt a. M.

Konsequenzen
Nur unbedingte Optionen sind nach Ansicht des BMF wirksam. Bei entsprechenden Grundstückskaufverträgen muss die Option daher unbedingt erklärt werden. Da eine fehlerhafte Option richtig Geld kosten kann, bietet es sich an, hier externen Rat einzuholen. Auf jeden Fall ist davon abzuraten, Formulierungen aus alten Verträgen o. ä. als Muster zu nutzen. Denn diese beruhen in der Regel noch auf der alten und inzwischen überholten Rechtslage.

6. Keine Rechnungskorrektur ohne Rechnung

Kernaussage
Der Vorsteuerabzug ist erst möglich, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Ist eine Rechnung fehlerhaft und wird diese in einem späteren Veranlagungszeitraum korrigiert, so besteht aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie des Bundesfinanzhofs (BFH) die Hoffnung, dass diese Korrektur rückwirkend im Hinblick auf den Vorsteuerabzug wirkt.

Sachverhalt
Der Klägerin, einer Verlagsgesellschaft, stand vertraglich das Recht zu, ihre Produkte in den Straßenbahnen und Bussen eines Verkehrsbetriebes zu vertreiben. Im Gegenzug verpflichtete sich die Klägerin, in ihren Produkten für den Verkehrsbetrieb zu werben. Die Parteien gingen davon aus, dass die jeweiligen Leistungen gleichwertig seien und stellten von 1999 bis 2006 hierüber keine Rechnungen aus. Die Rechnungsstellung und Deklaration dieses tauschähnlichen Umsatzes erfolgte erst im Jahr 2007. Das Finanzamt setzte daraufhin die Umsatzsteuer rückwirkend für die jeweiligen Jahre fest, während es den Vorsteuerabzug erst für das Jahr 2007 gewährte. U. a. unter Hinweis auf die oben genannte Rechtsprechung beantragte die Klägerin, den Vorsteuerabzug rückwirkend aus sachlichen Billigkeitsgründen zuzulassen. Hierdurch wollte sie die Verzinsung der Nachzahlungen für die Vorjahre vermeiden.

Entscheidung
Der BFH erteilt dem Ansinnen der Klägerin eine Absage. Denn eine Rechnungsberichtigung setzt voraus, dass eine ursprüngliche, zu korrigierende Rechnung vorliegt, was hier nicht der Fall war. Der Umstand, dass im Falle einer verspäteten Rechnungsstellung die Umsatzsteuer früher fällig sei, als der Empfänger der Leistung den Vorsteuerabzug geltend machen könne, ist nach Ansicht des BFH vom Gesetzgeber gewollt und kein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz der Umsatzsteuer.

Konsequenz
Zum einen zeigt der Fall die Risiken auf, die sich regelmäßig beim Tausch oder bei tauschähnlichen Umsätzen ergeben. Häufig unterbleibt die Abrechnung, da Leistung und Gegenleistung ausgeglichen sind. An den Vorsteuerabzug wird dabei nicht gedacht. Zum anderen bestätigt der BFH die herrschende Auffassung, dass die neue Rechtsprechung zu den Rechnungskorrekturen nicht auf Fälle der erstmaligen Inrechnungstellung anwendbar ist. Ob und unter welchen konkreten Voraussetzungen eine fehlerhafte Rechnung rückwirkend korrigiert werden kann, lässt der BFH allerdings nach wie vor offen.

7. Profifußball: Zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen von Spielervermittlern

Kernaussage
Bekanntlich ist die Vermittlung von mehr oder minder begabten Profifußballern ein lukratives Geschäft. Für Außenstehende ist das Zustandekommen eines Transfers oft schwer nachvollziehbar. Kein Wunder, denn selbst der Bundesfinanzhof (BFH) hat Schwierigkeiten zu klären, wer hier mit wem ein Geschäft gemacht hat.

Sachverhalt
Der Kläger war ein Verein mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb. Teil dieses wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes war eine Fußballabteilung, deren Profimannschaft aus angestellten Berufsfußballspielern bestand. Strittig war der Vorsteuerabzug des Vereins aus Rechnungen von Spielervermittlern. Problematisch war, dass ein Teil der Spielervermittler auch gegenüber den vermittelten Spielern vertraglich gebunden war. Das Finanzamt vertrat daher die Ansicht, dass die Spielervermittler nicht dem Verein, sondern den Spielern gegenüber tätig geworden seien. Der Verein habe lediglich deren Zahlungsverpflichtung übernommen. Zur Begründung verwies das Finanzamt u. a. auf die einschlägigen Regelungen der FIFA. Hiernach dürfen Spielervermittler bei einem Transfer nur die Interessen einer Vertragspartei vertreten.

Entscheidung
Nach Ansicht des BFH müssen besondere Umstände vorliegen, damit der Verein selbst als Auftraggeber der Spielervermittler in Frage kommt. Die bloße Entgegennahme von Spielerangeboten durch den Verein reicht dazu nicht aus. Zudem sieht der BFH gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Spielervermittler auch Leistungen gegenüber den Spielern erbracht haben. Da die Feststellungen des Finanzgerichts insgesamt für ein abschließendes Urteil nicht ausreichten, hat der BFH das Urteil an die Unterinstanz zurückverwiesen.

Konsequenz
Einem Bericht des Magazins Kicker zur Folge, könnte das Urteil Steuernachzahlungen für die Profivereine von ca. 70 Mio. EUR nach sich ziehen. Ebenso sollen staatsanwaltliche Ermittlungen gegen die Vereinsfunktionäre wegen des Verdachts der Untreue drohen. Dies kann, muss aber nicht sein. Der BFH hat ausdrücklich darauf verwiesen, dass der jeweilige Einzelfall zu betrachten ist. Soweit allerdings die Spielervermittler Beraterverträge mit den zu vermittelnden Spielern unterhielten, ist es wahrscheinlich, dass das FG den Vorsteuerabzug teilweise oder ggf. komplett streichen wird. Darüber hinaus betrifft das Urteil nicht nur den Profifußball, sondern alle Arten von Vermittlungen, in denen der Vermittler Vertragsbeziehungen zu beiden Vertragsparteien unterhält.

8. BMF gibt Entwarnung für Gutschriften

Kernaussage
Mit Wirkung vom 30.6.2013 wurden die Vorschriften zur Rechnungsstellung verschärft. U. a. betrifft dies die in die Rechnungen aufzunehmenden Hinweise. So müssen z. B. Gutschriften im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG), nicht zu verwechseln mit Gutschriften im kaufmännischen Sinne (= Rechnungskorrekturen), nun zwingend auch als solche bezeichnet werden. In der Praxis führten die Neuregelungen aber zu erheblicher Unsicherheit. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Unternehmen Rechnungskorrekturen, wie häufig üblich, weiterhin als Gutschriften bezeichnen können, ohne hierdurch Umsatzsteuernachzahlungen zu riskieren.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun endlich Stellung zu den Neuerungen bezogen. Das Wichtigste vorweg: Die Bezeichnung von Rechnungskorrekturen als Gutschriften löst nach Ansicht des BMF für sich allein keine zusätzliche Umsatzsteuerschuld aus. Zudem lässt das BMF es auch zu, dass statt der vom Umsatzsteuergesetz in deutscher Sprache geforderten Hinweise, die entsprechenden Synonyme in den anderen Amtssprachen verwendet werden. So kann z. B. für Gutschriften die Bezeichnung "self-billing" verwendet werden, statt des Hinweises "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" kann auch der Hinweis "Reverse charge" erfolgen. Dem BMF-Schreiben liegt eine Tabelle bei, die die möglichen Bezeichnungen in den anderen Amtssprachen auflistet. Ferner gewährt das BMF eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2013, die jedoch nur die geänderten Hinweispflichten betrifft.

Konsequenz
Das BMF bietet nun einige Erleichterungen. Erfreulich ist dies jedoch nur für die Unternehmer, die bisher nicht viel Zeit und Geld in die Umstellung Ihres Rechnungswesens gesteckt haben, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Bestraft werden hingegen Unternehmer, die die Neuerungen schon umgesetzt haben. Diese müssen nun prüfen, ob sie nochmals Änderungen vornehmen wollen. Dies kann sich z. B. anbieten, wenn Leistungen grenzüberschreitend abgerechnet werden. Hier dürfte es hilfreich sein, z. B. statt oder zusätzlich zum Begriff "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" den über die Grenzen hinweg bekannten Begriff "Reverse charge" zu nutzen. Es wäre wünschenswert, wenn das BMF zukünftig zu einer Neuregelung Stellung bezieht bevor diese in Kraft tritt. So könnten den Unternehmen unnötige Kosten erspart werden. Schließlich sind die geänderten Vorschriften eigentlich nicht neu, sondern gelten in der EU schon seit dem 1.1.2013.

9. Istversteuerung: Was ist Buchführung?

Kernaussage
Das Umsatzsteuergesetz (UStG) unterscheidet zwischen der Ist- und der Sollversteuerung. Während bei der Sollversteuerung die Umsatzsteuer bereits fällig ist, wenn die Leistung erbracht wurde, ist dies bei der Istbesteuerung hingegen erst der Fall, wenn der Kunde zahlt. Die Istbesteuerung bietet daher deutliche Liquiditätsvorteile gegenüber der Sollbesteuerung.

Sachverhalt
Zur Istbesteuerung können Unternehmen optieren, deren Gesamtumsatz im Vorjahr nicht mehr als 500.000 EUR betragen hat oder die nicht nach § 148 AO verpflichtet sind, Bücher zu führen und Abschlüsse zu erstellen oder soweit sie Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehörige eines freien Berufes ausführen. Entgegen ihrem Wortlaut interpretieren Bundesfinanzhof (BFH) und nun auch das Bundesfinanzministerium (BMF) die Vorschrift neuerdings so, dass Freiberufler nur dann die Istbesteuerung nutzen können, wenn sie nicht zur Buchführung verpflichtet sind und auch nicht freiwillig Bücher führen. Ab 2014 soll Freiberuflern, die Bücher führen, die Genehmigung zur Istbesteuerung versagt werden, sofern sie die Umsatzgrenze von 500.000 EUR überschreiten. Unklar ist aber, was unter Buchführung in diesem Sinne zu verstehen ist. Insbesondere ist fraglich, ob Freiberufler hiervon betroffen sind, die ihren Gewinn auf Basis einer Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln.

Eingabe der Bundessteuerberaterkammer (BStBK)
Die Bundessteuerberaterkammer hat nun das BMF aufgefordert, hinsichtlich dieser Fragestellung für Klarheit zu sorgen. Die Kammer vertritt insoweit die Auffassung, dass nur Freiberufler, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung) ermitteln, insoweit "Bücher führen"; nicht jedoch diejenigen, die hierzu eine Einnahmen-Überschussrechnung verwenden.

Konsequenz
Die Stellungnahme des BMF ist abzuwarten. Es ist zu hoffen, dass diese noch rechtzeitig vor dem Jahreswechsel erfolgt. Unproblematisch dürfte es sein, wenn sich das BMF der Auffassung der Bundessteuerberaterkammer anschließt. Sollte dies nicht der Fall sein, so müssen Freiberufler mit Einnahmen-Überschussrechnung prüfen, ob sie den Widerruf der Genehmigung zur Istbesteuerung akzeptieren sollen. Denn die Rechtsprechung des BFH betraf eine bilanzierende Freiberufler-GmbH, nicht jedoch einen Einnahmen-Überschussrechner. Unternehmen, die von der Umstellung betroffen sind, müssen sicherstellen, dass gerade beim Übergang von der Ist- zur Sollbesteuerung keine Fehler passieren, z. B. Umsätze doppelt oder gar nicht erfasst werden.

10. Wann ist das Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang verwirkt?

Kernaussage
Bei einem Betriebsübergang kann der Arbeitnehmer durch einen Vergleich mit dem Betriebsübernehmer sein Widerspruchsrecht gegen den Betriebsübergang verwirken.

Sachverhalt
Die Beklagte ist eine Catering-Firma, die 1996 den Betrieb einer Kantine übernommen hatte, in der der Kläger schon seit 1985 tätig war. Die Beklagte verlor den Catering-Auftrag zum 31.12.2010 und informierte den Kläger darüber, dass sein Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs (§ 613a Abs. 1 BGB) auf einen anderen Caterer übergehen werde. Der Betriebserwerber bestritt jedoch einen Betriebsübergang, woraufhin ihn der Kläger auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses verklagte. In diesem Prozess einigte sich der Kläger mit dem Betriebserwerber darauf, ein Betriebsübergang habe niemals stattgefunden, ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen habe nie bestanden. Der Betriebserwerber verpflichtete sich zur Zahlung von 45.000 EUR an den Kläger. Anschließend erklärte der Kläger gegenüber der beklagten Catering-Firma den Widerspruch gegen den Betriebsübergang (§ 613a Abs. 6 BGB). Er verlangt nunmehr von der Beklagten als Betriebsveräußerin die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses und Annahmeverzugslohn. Nachdem der Kläger vor dem Arbeitsgericht obsiegt hatte wies das Landesarbeitsgericht die Klage Hiergegen ging der Kläger in Revision.

Entscheidung
Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) blieb der Kläger schließlich erfolglos. Das BAG entschied, dass der Kläger sein Recht zum Widerspruch verwirkt hat. Nach Auffassung des BAG stellt es einen die Verwirkung des Rechts zum Widerspruch begründenden Umstand dar, wenn ein Arbeitnehmer zunächst das Bestehen seines Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebserwerber geltend macht und dann über diesen Streitgegenstand eine vergleichsweise Regelung trifft. Das gelte jedenfalls dann, wenn ein Betriebsübergang stattfand und das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers tatsächlich auf den zunächst verklagten Betriebserwerber übergegangen ist.

Konsequenz
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Der Kläger darf hier kein "Rosinen picken" betreiben und doppelt abrechen (Vergleichszahlung zzgl. Weiterbestand Arbeitsverhältnis). Der Betriebsübergang fand statt. Nur deshalb kam es zu einem Vergleich über 45.000 EUR.

11. Neue Beitragsbemessungsgrenzen für 2014

Kernaussage
In 2014 werden die Beitragsbemessungsgrenzen in der Kranken- und Rentenversicherung steigen. Grund hierfür sind die gestiegenen Löhne und Gehälter. Die entsprechende Verordnung wurde durch das Bundeskabinett beschlossen.

Neue Rechtslage
Die neue monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (West) steigt von 5.800 EUR/Monat (2013) auf 5.950 EUR/Monat. Die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) steigt 2014 auf 5.000 EUR/Monat (2013: 4.900 EUR/Monat). In der knappschaftlichen Rentenversicherung werden folgende neue monatliche Beträge gelten: Beitragsbemessungsgrenze (West): 7.300 EUR/Monat, Beitragsbemessungsgrenze (Ost): 6.150 EUR/Monat. Das vorläufige Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung wird für das Jahr 2014 bundeseinheitlich auf 34.857 EUR/Jahr festgesetzt. Bundeseinheitlich wird die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt. Sie erhöht sich gegenüber 2013 (52.200 EUR) auf 53.550 EUR jährlich in 2014. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits am 31. Dezember 2002 versicherungsfrei waren, wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze 48.600 EUR für das Jahr 2014 betragen (2013: 47.250 EUR). Die bundeseinheitliche Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht der Jahresarbeitsentgeltgrenze (48.600 EUR/Jahr beziehungsweise 4.050 EUR/Monat).

Erläuterung
Die Beitragsbemessungsgrenze markiert das Maximum, bis zu dem in den Sozialversicherungen Beiträge erhoben werden. Der über diesen Grenzbetrag hinausgehende Teil eines Einkommens ist beitragsfrei. Zur Versicherungspflichtgrenze: Wer über diese Grenze hinaus verdient, kann sich, wenn er möchte, bei einer privaten Krankenversicherung versichern. Die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung ist zugleich die Jahresarbeitsentgeltgrenze. Diese wiederum ist zugleich die Beitragsbemessungsgrundlage in der gesetzlichen Krankenversicherung.

12. Buchwert-Einbringung: keine Sperrfristverletzung bei 1-Mann-GmbH & Co. KG

Kernaussage
Steuerpflichtige können Wirtschaftsgüter bei der Übertragung von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen mit den Buchwerten ansetzen. Wird ein Wirtschaftsgut durch den an einer GmbH & Co. KG zu 100 % beteiligten Kommanditisten eingebracht (sog. Einmann-GmbH & Co. KG), so wird die Buchwertfortführung nicht dadurch rückwirkend aufgehoben, dass die KG das Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist von 3 Jahren nach Abgabe der Steuerklärung des Übertragenden veräußert. Dies gilt auch dann, wenn das Wirtschaftsgut in der Gesamthandsbilanz der GmbH & Co. KG mit dem bisherigen Buchwert ausgewiesen und deshalb für den Einbringenden keine negative Ergänzungsbilanz erstellt worden ist. Auch der alleinige Kommanditist kann somit dem rückwirkenden Teilwertansatz bei Sperrfristverletzung entgehen.

Sachverhalt
Eine AG brachte zum Ende des Streitjahres 2001 ein Grundstück im Wege einer Sacheinlage in die neu gegründete GmbH & Co. KG ein, deren alleinige Kommanditistin sie war. Die AG ging von einer Buchwertfortführung aus und setzte das eingebrachte Grundstück dementsprechend steuerneutral mit dem Buchwert an. Eine Ergänzungsbilanz wurde nicht erstellt. Da das Grundstück später aber innerhalb der 3-jährigen Sperrfrist weiterveräußert wurde, nahm das Finanzamt rückwirkend auf den Übertragungszeitpunkt eine Übertragung zum Teilwert an. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist in einer solchen Fallgestaltung, selbst bei Erstellung einer Ergänzungsbilanz, stets rückwirkend der Teilwert anzusetzen. Das Finanzamt erließ für das Streitjahr einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid, dem ein um die stillen Reserven erhöhter Gewinn zugrunde lag. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem Bundesfinanzhof (BFH) erfolglos.

Entscheidung
Das Finanzgericht hatte zu Recht entschieden, dass die Veräußerung des eingebrachten Grundstücks zum Jahresende 2005 durch die GmbH & Co. KG die Buchwerteinbringung im Streitjahr 2001 unberührt ließ. Wird ein Wirtschaftsgut durch den an einer GmbH & Co. KG zu 100 % beteiligten Kommanditisten eingebracht, so wird die Buchwertfortführung nicht dadurch rückwirkend aufgehoben, dass die GmbH & Co. KG bei unveränderten Beteiligungsverhältnissen das Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist veräußert. Dies gilt auch dann, wenn das Wirtschafsgut in der Gesamthandsbilanz der GmbH & Co. KG mit dem bisherigen Buchwert ausgewiesen und deshalb für den Einbringenden keine negative Ergänzungsbilanz erstellt wurde. Grund für diese Entscheidung ist, dass die Regelungen der Buchwertfortführung nicht jede sperrfristbehaftete Aufdeckung stiller Reserven betreffen soll, sondern eine personale Zuordnung der stillen Reserven der Mitgesellschafter sichergestellt wird. Wird dieser Gesetzeszweck jedoch nicht berührt, weil – wie im vorliegenden Streitfall – der Einbringende sowohl im Zeitpunkt der Übertragung des Wirtschaftsguts auf die KG als auch zum Zeitpunkt einer späteren Gewinnrealisierung alleine am Vermögen und Gewinn der Personengesellschaft beteiligt ist, d. h. die individuelle Zuordnung der stillen Reserven durchgängig gewahrt bleibt, wäre es nicht sachgerecht, die rückwirkende Durchbrechung der Buchwertfortführung allein auf die buchungstechnische Darstellung des Vermögenstransfers zu stützen.

Konsequenz
Wird bei steuerneutralen Buchwertübertragungen von Wirtschaftsgütern die personale Zuordnung der stillen Reserven sichergestellt, ist eine Veräußerung auch innerhalb der Sperrfrist nicht in dem Sinne unschädlich, dass rückwirkend die Einbringung zum Teilwert erfolgt.

13. Zur Einziehung des Geschäftsanteils eines GmbH-Gesellschafters

Kernaussage
Ein wichtiger Grund zum Ausschluss eines Gesellschafters im Falle eines tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter setzt eine zumindest überwiegende Verursachung durch den betroffenen Gesellschafter voraus. Zudem dürfen in der Person der die Ausschließung betreibenden Gesellschafter keine Umstände vorliegen, die deren Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft rechtfertigen.

Sachverhalt
Der Kläger und 3 weitere Gesellschafter waren Gesellschafter der – ein Kino betreibenden – beklagten GmbH. Alle waren mit je 25 % an der GmbH beteiligt und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Jeder Gesellschafter hatte bestimmte Leistungen als Beitrag zur Förderung des Gesellschaftszwecks zu erbringen. Zu den Aufgaben des Klägers gehörten die Betreuung der Auszubildenden und die Übernahme einzelner Wochenenddienste. Nachdem die persönliche Beziehung des Klägers mit einer Mitgesellschafterin gescheitert war, traten zwischen den Gesellschaftern Spannungen auf. Dabei wurde dem Kläger die Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer und Gesellschafter vorgeworfen. Ende 2005 wurde der Kläger deswegen dreimal anwaltlich abgemahnt. In einer Gesellschafterversammlung im Dezember 2005 einigten sich die Gesellschafter darauf, dass der Kläger bis auf weiteres bezahlten Urlaub nehmen dürfe und sich während dieser Zeit jedweder Geschäftsführertätigkeit enthalten solle. Hieran hielt sich der Kläger nicht. In der Gesellschafterversammlung im Februar 2006 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen. In der Versammlung im März 2006 beschlossen die Gesellschafter in Abwesenheit des Klägers einstimmig, dessen Geschäftsanteile aus wichtigem Grund einzuziehen und den Kläger wegen seines Verhaltens aus der GmbH auszuschließen. Hiergegen wandte sich der Kläger und verlor vor dem Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung
Die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers war wegen des tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter, das überwiegend vom Kläger verursacht worden war, gerechtfertigt. Es lag ein wichtiger Grund in der Person des Klägers vor. Die Einziehung von Geschäftsanteilen ist nach dem GmbH-Gesetz ohne Zustimmung des Inhabers nur zulässig, wenn die Voraussetzungen vor dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren. Hier knüpfte die Satzung der GmbH die Zwangseinziehung in zulässiger Weise an das Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person des Gesellschafters. Nach der Rechtsprechung setzt ein wichtiger Grund zum Ausschluss eines Gesellschafters bei einem tiefgreifenden Zerwürfnis voraus, dass dieses von dem betroffenen Gesellschafter zumindest überwiegend verursacht worden ist. Dies war der Fall, denn die Verhaltensweisen des Klägers ließen hier die Achtung vor seinen Mitgesellschaftern vermissen und standen einer ersprießlichen Zusammenarbeit im Wege. Es war auch nicht ersichtlich, dass den Mitgesellschaftern ein ihren eigenen Ausschluss rechtfertigendes Verhalten vorzuwerfen wäre.

Konsequenz
Das Scheitern der Lebensgemeinschaft des Klägers und der Mitgesellschafterin war für die Beantwortung der Frage nach der überwiegenden Verursachung des innergesellschaftliche Zerwürfnisses nur soweit von Bedeutung, wie der daraus resultierende persönliche Konflikt von den Beteiligten in die Gesellschaft hineingetragen wurde. Hier stand indes allein fest, dass die Pflichtverletzungen des Klägers in Fortsetzung seiner in die Gesellschaft hineingetragenen persönlichen Auseinandersetzung mit der Mitgesellschafterin begangen wurden. Dass die Mitgesellschafter in vergleichbarer oder anderer Weise zum Zerwürfnis der Gesellschafter beigetragen haben, war nicht bewiesen.

14. Ankaufsuntersuchung bei Pferdekauf: Schadensersatz gegen Tierarzt?

Kernaussage
Ein vom Verkäufer einer Schimmelstute beauftragter Tierarzt haftet gegenüber der Käuferin für Fehler bei einer Ankaufsuntersuchung, auch wenn er mit dem Verkäufer insoweit einen Haftungsausschluss vereinbart hat.

Sachverhalt
Im Juli 2010 erwarb die Klägerin von einem Pferdeverkäufer eine laut Kaufvertrag 4 Jahre alte Schimmelstute als Reitpferd zum Kaufpreis von 2.700 EUR. Das angegebene Alter entsprach dem im Pferdepass aufgeführten Geburtsdatum des Tieres. Der Kaufvertrag sollte im Falle der erfolgreichen Durchführung einer Ankaufsuntersuchung durch die beklagte Tierarztpraxis wirksam werden. Der Verkäufer beauftragte daraufhin die Praxis mit der Ankaufsuntersuchung. Die Untersuchung führte die Tierarztpraxis auf der Grundlage von Vertragsbedingungen durch, die Ansprüche der Käuferin gegen die Praxis ausschlossen. In dem über die Ankaufsuntersuchung erstellten Protokoll, das die Käuferin in der Folgezeit billigte, vermerkte der für die Arztpraxis tätige Tierarzt nicht, dass das Tier noch ein vollständiges Milchgebiss hatte und deshalb – entgegen den Angaben im Pferdepass – noch keine 4 Jahre alt sein konnte. Nachdem die Klägerin erfahren hatte, dass das gekaufte Pferd erst ca. 2 ½ Jahre alt war, hat sie von der beklagten Tierarztpraxis Schadensersatz verlangt und diesen mit ihren Aufwendungen für das Pferd bis zum Erreichen des 4. Lebensjahres begründet. Zuvor habe das Tier, so ihre Begründung, einen Minderwert gehabt, weil es nicht als Reitpferd einzusetzen gewesen sei. In Kenntnis des tatsächlichen Alters hätte sie von dem Ankauf im Jahre 2010 abgesehen.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht Hamm hat der Klägerin den Schadensersatz zugesprochen. Der zwischen dem Verkäufer und der beklagten Tierarztpraxis im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Pferdekaufs abgeschlossene Vertrag über die Durchführung einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung entfalte eine Schutzwirkung für den Kaufinteressenten. Ihm gegenüber hafte die Tierarztpraxis für Fehler bei der Ankaufsuntersuchung. Diese Haftung könne im Vertrag zwischen dem Verkäufer und der Tierarztpraxis nicht ausgeschlossen werden. Eine Haftungsfreizeichnung nur zu Lasten der Käuferin – wie sie der vorliegende Vertrag enthalte – sei unwirksam.

Konsequenz
Einer dieser Wertung möglicherweise entgegenstehenden Auffassung eines anderen Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm folge der hier zuständige Zivilsenat nicht.

15. Wann hat ein Gläubiger Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners?

Kernaussage
Eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger setzt voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners zur Gläubigerbenachteiligung kannte. Dabei kommt den Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und der Inkongruenz der von ihm erbrachten Leistung besondere Bedeutung zu. Eine Kenntnis wird dann vermutet, wenn der Anfechtungsgegner um die Willensrichtung des Schuldners weiß und nach allgemeiner Erfahrung eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung zugrunde liegen muss. Unerheblich ist, ob er über den genauen Hergang des Zahlungsflusses unterrichtet war.

Sachverhalt
Wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge pfändete die Beklagte das Konto der Schuldnerin. Mangels Zahlung stellte sie im September 2008 sodann gegen die Schuldnerin einen Insolvenzantrag. Daraufhin bewirkte die Schuldnerin eine Zahlung auf das Konto, weshalb die Bank die rückständigen Beiträge an die Beklagte zahlte. Diese erklärte ihren Insolvenzantrag für erledigt. Im Juli 2009 wurde für die Schuldnerin erneut ein Insolvenzantrag gestellt. Der Kläger ist Insolvenzverwalter und verlangt im Wege der Insolvenzanfechtung Erstattung der an die Beklagte bewirkten Zahlung. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Kläger Recht.

Entscheidung
Anfechtbar ist die Rechtshandlung der Schuldnerin zur Auffüllung des gepfändeten Kontos, die erst das Pfandrecht werthaltig machte und eine Befriedigung der Beklagten ermöglichte. Mit der Zahlung aus dem eigenen Vermögen hat die Schuldnerin ihre Gläubiger vorsätzlich benachteiligt, was die Beklagte erkannt hat. Im Streitfall ist die Kontenpfändung mangels Deckung fehlgeschlagen. Eine Befriedigung konnte, nachdem die Beklagte einen Insolvenzantrag stellte, nur noch aufgrund der Rechtshandlung des Schuldnerin eintreten, die offensichtlich zur Vermeidung der Verfahrenseröffnung vorgenommen wurde. Anhaltspunkte für die Zahlung eines Dritten waren nicht ersichtlich.

Konsequenz
Das Urteil zeigt die Grenzen bei fehlgeschlagenen Zwangsvollstreckungsversuchen auf. Selbst im Falle von sanierungswilligen Schuldnern bedarf es zum Ausschluss von Anfechtungsrechten eines schlüssigen Sanierungskonzepts.

16. AGG erlaubt auch Altersgrenzen für freie Mitarbeiter

Kernaussage
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet u. a. eine Diskriminierung wegen des Alters. Zahlreiche Arbeits- und Tarifverträge befristen jedoch Arbeitsverhältnisse auf den Zeitpunkt des Erreichens des Rentenalters. Altersgrenzen, die auf das Erreichen des Regelrentenalters abstellen, werden von höchstrichterlicher Rechtsprechung als wirksam erachtet, da der Arbeitnehmer durch den Bezug der gesetzlichen Altersrente wirtschaftlich abgesichert sei. Diesen Rechtsgedanken hat das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn auch auf die Zusammenarbeit mit einem freien Mitarbeiter, der regelmäßig beschäftigt worden ist, übertragen.

Sachverhalt
Der Kläger ist 66 Jahre alt und war seit über 30 Jahren als freier Mitarbeiter für die beklagte Rundfunkanstalt programmgestaltend tätig. Ende 2012 teilte die Rundfunkanstalt dem Kläger mit, dass sie ihn wegen des Erreichens des gesetzlichen Rentenalters in Zukunft nicht mehr beschäftigen werde. Der Kläger fühlt sich wegen seines Alters diskriminiert und verlangt eine Entschädigung in Höhe von mindestens 25.000 EUR. Die Rundfunkanstalt berief sich auf die Gleichbehandlung zwischen freien Mitarbeitern und Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis tarifvertraglich ebenfalls mit dem Erreichen des Rentenalters ende.

Entscheidung
Das Arbeitsgericht Bonn hat die Klage abgewiesen. Altersgrenzen in Arbeits- und Tarifverträgen sind zulässig, wenn die mit der Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung übereinstimmen, denn der Arbeitnehmer ist durch die gesetzlichen Rentenansprüche ausreichend materiell abgesichert. Die Kopplung der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Regelrentenalter ist daher eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Für freie Mitarbeiter kann nichts anderes gelten, wenn sie regelmäßig beschäftigt worden sind. Dies trifft für den Kläger zu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Konsequenz
Vor dem Hintergrund, dass es auf die konkrete wirtschaftliche Absicherung des Arbeitnehmers im Rentenalter nicht ankommt und ein allgemeiner Anstieg von Altersarmut zu verzeichnen ist, ist diese Rechtsprechung in Frage zu stellen. Dennoch ist Arbeitgebern stets die Aufnahme einer solchen Altersgrenze zu empfehlen, da anderenfalls das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des Rentenalters nicht automatisch endet.

17. Unfall während Trinkpause am Kopierer ist kein Arbeitsunfall

Kernaussage
Ein Unfall beim Trinken während des Wartens auf die Betriebsbereitschaft eines Kopierers ist kein Arbeitsunfall. Die Nahrungsaufnahme sei als menschliches Grundbedürfnis nicht vom Versicherungsschutz erfasst. Da eine Kopiertätigkeit nicht geeignet sei, ein besonderes Durst- oder Hungergefühl hervorzurufen, komme auch keine Ausnahme hiervon in Betracht.

Sachverhalt
Der Kläger nutzte die einige Sekunden dauernde Pause zur Herstellung der Betriebsbereitschaft eines Kopierers zwischen 2 Kopiervorgängen dazu, um sich aus dem nur wenige Meter entfernten Kühlschrank eine Flasche alkoholfreies Bier zu holen. Nach dem Öffnen der Flasche wollte er heraussprudelndes Bier abtrinken und brach sich dabei mehrere Zahnspitzen im Oberkiefer ab. Die Berufsgenossenschaft lehnte den Antrag des Klägers auf Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab.

Entscheidung
Das Sozialgericht Dresden gab der Berufsgenossenschaft Recht. Die Aufnahme von Nahrung auch während einer Arbeitspause am Kopiergerät sei grundsätzlich nicht unfallversichert. Die Nahrungsaufnahme sei ein menschliches Grundbedürfnis und trete regelmäßig hinter betriebliche Belange zurück. Es handele sich um eine sogenannte eigenwirtschaftliche Verrichtung, mit der der Kläger seine versicherte Tätigkeit unterbrochen habe. Hiervon liege auch keine Ausnahme vor, weil die Kopiertätigkeit nicht geeignet gewesen sei, abweichend vom normalen Trink- und Essverhalten des Klägers ein besonderes Durst- oder Hungergefühl hervorzurufen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt zunächst den allgemeinen Grundsatz, dass auch "auf der Arbeit" der versicherte Bereich endet, wenn die versicherte Tätigkeit (z. B. für Pause) unterbrochen wird. Die Besonderheit liegt hier darin, dass nicht wie z. B. beim Durchschreiten der Kantinentür eine klare Zäsur zwischen versicherter und nicht versicherter Tätigkeit vorliegt und ohne diese Zäsur sehr rigide ein Arbeitsunfall verneint wird.

18. Insolvenzanfechtung: Rückforderung von Arbeitsvergütung

Kernaussage
Eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, ist anfechtbar. Soweit Gehaltszahlungen des Arbeitgebers für Arbeitsleistungen der dem Insolvenzantrag vorausgehenden 3 Monaten gezahlt werden, unterliegen sie als Bargeschäft nicht der Anfechtung. Anders verhält es sich allerdings, wenn der Arbeitnehmer im Wege der Zwangsvollstreckung seine Arbeitsvergütung erlangt. In diesem Fall kann ein Insolvenzverwalter grundsätzlich die Rückzahlung des Arbeitsentgelts zur Masse verlangen. Der Rückforderungsanspruch unterliegt auch keinen tariflichen Ausschlussfristen.

Sachverhalt
Die Klägerin hat in den letzten 3 Monaten vor dem Insolvenzantrag durch Forderungspfändungen rückständiges Arbeitsentgelt erlangt. Fast 3 Jahre später hat der Insolvenzverwalter die Zahlungen angefochten. Mit der Widerklage verlangt er die Rückzahlung an die Masse. Das Arbeitsgericht gab der Widerklage statt, das Landesarbeitsgericht (LAG) wies sie wegen der Versäumung tariflicher Ausschlussfristen ab. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Insolvenzverwalter grundsätzlich Recht und verwies die Sache zurück.

Entscheidung
Eine im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung ist nicht "in der Art", wie sie der Gläubiger zu beanspruchen hat, erfolgt. Es liegt eine sog. inkongruente Deckung vor. Liegen die übrigen Anfechtungsvoraussetzungen vor, kann der Insolvenzverwalter daher die Rückzahlung von Arbeitsvergütung zur Masse verlangen. Ferner sind tarifliche Ausschlussfristen auf die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln nicht anwendbar. Die Tarifvertragsparteien dürfen in die Insolvenzregelungen nicht eingreifen. Diese sind zwingendes Recht. Das LAG wird zu klären haben, ob die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses bereits vorlag.

Konsequenz
Mit dem vorliegenden Urteil hat das BAG die rechtliche Stellung des Insolvenzverwalters gestärkt. Wurde die rückständige Arbeitsvergütung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt, ist verstärkt mit der Insolvenzanfechtung zu rechnen.

19. Keine diskriminierende Kündigung bei Unkenntnis über Schwangerschaft

Kernaussage
Nach den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist u. a. eine Diskriminierung eines Arbeitnehmers wegen seines Geschlechts verboten. Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das AGG hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer eine Geldentschädigung verlangen kann. Die Kündigung einer Arbeitnehmerin in Unkenntnis von deren Schwangerschaft stellt an sich noch keine geschlechtsbedingte Diskriminierung dar. Das Gleiche gilt auch für ein "Festhalten" an der Kündigung.

Sachverhalt
Der beklagte Arbeitgeber hatte die Klägerin ordentlich in der Probezeit gekündigt. Nachdem die Klägerin ihn über ihre bestehende Schwangerschaft unter Vorlage eines ärztlichen Attestes informierte, forderte sie den Arbeitgeber auf, kurzfristig zu erklären, dass er an der Wirksamkeit der Kündigung nicht festhalte. Erst nachdem der Betriebsarzt die Schwangerschaft und auch das zwischenzeitlich ausgesprochene Beschäftigungsverbot bestätigt hatte, erklärte der Arbeitgeber die Rücknahme der Kündigung. Eine außergerichtliche Einigung konnte nicht erzielt werden, weshalb das Arbeitsgericht nach Anerkenntnis des Arbeitgebers die Unwirksamkeit der Kündigung feststellte. Die Umstände der Kündigung und das Verhalten des Arbeitgebers danach bewertete die Klägerin als Diskriminierung wegen des Geschlechts und verlangte eine Geldentschädigung. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 3 Bruttomonatsgehältern wegen der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts zu. Die Kündigung als solche lässt keine Diskriminierung vermuten, da dem Arbeitgeber die Schwangerschaft der Klägerin bei Ausspruch der Kündigung nicht bekannt war. Auch das Verhalten des Arbeitgebers nach Ausspruch der Kündigung ist nicht geschlechtsdiskriminierend. Das Festhalten an einer unwirksamen Kündigung ist insoweit wertneutral. Schließlich lag eine Frauendiskriminierung auch nicht deshalb vor, weil die Parteien darüber stritten, ob der Arbeitgeber wegen des Beschäftigungsverbots zur Zahlung von Mutterschutzlohn verpflichtet war. Denn dieser Anspruch steht ohnehin nur Frauen zu, so dass der Streit über seine Voraussetzungen nicht als Frauendiskriminierung zu bewerten ist.

Konsequenz
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich vorliegend zwar nicht festgelegt, ob diskriminierende Kündigungen AGG-Entschädigungen auslösen. Die Möglichkeit der Geldentschädigung für diskriminierende Kündigungen sollte jedoch stets im Auge behalten werden.

20. Auch Hausboote können Grundstücke sein

Kernaussage
Die Vermietung von Grundstücken ist steuerfrei, die Vermietung anderer Gegenstände, z. B. von Fahrzeugen, hingegen nicht. Bisher orientierte sich die Finanzverwaltung hinsichtlich der Frage, ob ein Grundstück vorliegt, an der Definition des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Sachverhalt
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte zuletzt festgestellt, dass auch die Verpachtung eines Hausbootes einschließlich der dazugehörigen Liegefläche und Steganlage als Vermietung eines Grundstückes anzusehen ist, wenn das Hausboot dort dauerhaft befestigt ist. Im konkreten Fall war das Hausboot an die üblichen Versorgungsleitungen angebunden und verfügte über keinen eigenen Antrieb. Das Finanzamt hatte hier die Vermietung eines Beförderungsmittels angenommen und Umsatzsteuer festgesetzt.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt nun dem Urteil des Europäische Gerichtshofs. Das BMF vertritt daher auch nicht mehr die Ansicht, dass im Rahmen der Steuerbefreiungen des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Begriff des Grundstückes mit dem des BGB übereinstimmt. Die Definition ist nun den Regelungen zur Ortsbestimmung von Dienstleistungen, die in Verbindung mit Grundstücken erbracht werden, zu entnehmen. Hier war schon zuvor zurecht von der zivilrechtlichen Betrachtung abgewichen worden, ohne allerdings die Regelungen zu den Steuerbefreiungen anzupassen.

Konsequenz
Der Begriff des Grundstücks richtet sich nicht nach dem nationalen Zivilrecht, sondern nach den Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). Einfacher wird es hierdurch für den Rechtsanwender nicht. Allerdings ist die Unterscheidung von erheblicher Bedeutung. Zum einen im Hinblick auf eine mögliche Steuerbefreiung bei Vermietung bzw. Verkauf, zum anderen hinsichtlich der Klärung, ob Dienstleistungen in Verbindung mit einem Grundstück erbracht werden, die, im Gegensatz zu anderen Dienstleistungen, dort besteuert werden, wo das Grundstück liegt.

21. Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen

Kernaussage
Der Groß- und Einzelhandel setzt zur Lieferung von Waren häufig Transportbehältnisse ein, z. B. Getränkekisten. Diese Behältnisse werden entweder gegen Pfand oder im Rahmen reiner Tauschsysteme überlassen. Bei Tauschsystemen wird z. B. dem Empfänger die Ware auf einer Palette überlassen und dieser gibt dem Lieferanten eine gleichwertige Palette zurück.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Transportbehältnissen Stellung bezogen. Hierzu unterscheidet das BMF zwischen Transporthilfsmitteln und Warenumschließungen. Transporthilfsmittel dienen der Vereinfachung des Transports (z. B. Paletten), Warenumschließungen hingegen sind nötig, um die Ware überhaupt verkaufsfähig zu machen (z. B. Flaschen). Die Hin- und Rückgabe von Transporthilfsmitteln stellt eine dem Regelsteuersatz (19 %) unterliegende eigenständige Lieferung dar. Warenumschließungen dagegen sind als Nebenleistung zur gelieferten Ware anzusehen und werden umsatzsteuerlich genauso wie diese Ware behandelt. Ihre Rückgabe stellt daher eine Entgeltminderung dar. Werden Transporthilfsmittel im Rahmen von Tauschsystemen (z. B. Euro-Flachpaletten) überlassen, wird dies als Sachdarlehen behandelt. Nur wenn die Überlassung entgeltlich erfolgt, unterliegt dies der Umsatzsteuer. Darüber hinaus gibt das BMF Hinweise zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Leistungsstörungen bei Tauschsystemen (z. B. gestohlene Paletten) sowie zu Reparatur-Tausch-Programmen (z. B. Tausch zweier defekter Paletten gegen eine neue).

Konsequenzen
Das Schreiben ist von allen Unternehmen des Groß- und Einzelhandels zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Behandlung der Transporthilfsmittel. Deren Lieferung wurde bisher auch als Nebenleistung zur Warenlieferung behandelt. Dies ist nun nicht mehr zulässig. Allerdings gewährt das BMF eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2013. Ab 2014 hat die Neuregelung dann u a. folgende Konsequenzen: Werden z. B. Lebensmittel zum ermäßigten Steuersatz geliefert, so müssen diese in der Rechnung zu 7 %, das Transporthilfsmittel dagegen zu 19 % abgerechnet werden. Die Überlassung von Transporthilfsmitteln an private Endkunden muss ggf. neu kalkuliert werden. Denn die Rückgabe der Transporthilfsmittel kann der Lieferant nicht mehr als Entgeltsminderung qualifizieren. Die Umsatzsteuer wird damit durch die Rückgabe nicht mehr reduziert. Da dem Lieferanten auch kein Vorsteuerabzug aus den Lieferungen der privaten Endkunden zusteht, ergibt sich eine Mehrbelastung.

22. Wann besteht Anspruch auf Wiedereinstellung rückkehrwilliger Arbeitnehmer?

Kernfrage
Wechselt ein Arbeitnehmer im Zuge der Ausgliederung eines Geschäftsbereichs zu einem anderen Arbeitgeber, steht ihm, wenn er dem Übergang auf den neuen Arbeitgeber zugestimmt hat, dem Grunde nach kein Recht auf Wiedereinstellung beim alten Arbeitgeber zu. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der alte Arbeitgeber beim Ausscheiden eine Rückkehrzusage gemacht hat. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr über die Auslegung einer solchen Wiedereinstellungszusage zu entscheiden.

Sachverhalt
Ein Mitarbeiter einer Krankenkasse hatte auf Wiedereinstellung gegen das Land Berlin geklagt. Er war bei Ausgliederung der Krankenversicherung 1992 aus dem hoheitlichen Bereich zur damals neu gegründeten BKK Berlin gewechselt. Das Land hatte ihm dabei schriftlich ein Rückkehrrecht für den Fall der Auflösung/Schließung der BKK Berlin zugesagt. Aus der BKK Berlin war über die Jahre durch Zusammenschlüsse die sog. City BKK entstanden, die schließlich im Juni 2011 durch das Bundesversicherungsamt geschlossen wurde. Vor Schließung machte der Mitarbeiter von seinem Rückkehrrecht Gebrauch, das vom Land damit zurückgewiesen wurde, dass die BKK Berlin nicht mehr existiere.

Entscheidung
Das BAG gab dem Mitarbeiter recht. Dieser hat einen Anspruch auf Wiedereinstellung beim beklagten Land und zwar dergestalt, dass der Arbeitnehmer zum einen zu den Konditionen (wieder) eingestellt werden muss, wie der Arbeitnehmer dies anbietet, und zum anderen auch unter Anerkennung der Betriebszugehörigkeitszeiten, die der Arbeitnehmer bei dem anderen Arbeitgeber geleistet hat. Hier war das eingeräumte Rückkehrrecht dahingehend zu verstehen, dass den seinerzeit zu dem neuen Arbeitgeber gewechselten Mitarbeitern, ihre sichere Rechtsposition beim beklagten Land erhalten bleiben sollte. Der Mitarbeiter war mithin so zu stellen, als wäre er durchgehend beim beklagten Land beschäftigt gewesen. Die Tatsache, dass der neue Arbeitgeber zwischenzeitlich durch Zusammenschlüsse neu organisiert war, spielte keine Rolle für das gewährte Rückkehrrecht.

Konsequenz
Die Entscheidung gilt außerhalb des öffentlichen Sektors wohl für alle Fälle eines (Teil)Betriebsübergangs, in denen eine Rückkehrgarantie gewährt wird. Sie macht deutlich, dass solche Rückkehrgarantien sorgsam und unter Einbeziehung aller denkbaren Eventualitäten formuliert werden müssen. Formulierungsschwächen gehen zu Lasten des Arbeitgebers.

23. Arbeitgeber darf bei Weihnachtsfeier Überraschungsgeschenke verteilen

Kernaussage
Zur Steigerung der Attraktivität von Betriebsfeiern und zur Motivation der Arbeitnehmer, hieran teilzunehmen, kann ein Arbeitgeber allein die teilnehmenden Mitarbeiter mit einem Überraschungsgeschenk belohnen.

Sachverhalt
Der Arbeitgeber verschenkte im Rahmen seiner Weihnachtsfeier 2012 unangekündigt iPads mini im Wert von ca. 400 EUR an die anwesenden ca. 75 Mitarbeiter. Mit dieser überraschenden Geschenkaktion wollte er die in der Vergangenheit geringe Teilnehmerzahl an Betriebsfeiern steigern. Der klagende Arbeitnehmer war zum Zeitpunkt der Weihnachtsfeier krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Er beanspruchte für sich ebenfalls ein iPad mini und berief sich hierfür auf die Gleichbehandlung. Außerdem sah er das iPad als Vergütung an, die ihm auch während seiner Krankheit zustehe.

Entscheidung
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Der Arbeitgeber habe mit seiner "Überraschung" ein freiwilliges Engagement außerhalb der Arbeitszeit belohnen wollen. Deshalb handele es sich um eine Zuwendung eigener Art, die nicht mit einer Vergütung für geleistete Arbeit zu vergleichen sei. Der Arbeitgeber sei bei solchen Zuwendungen auch berechtigt, die Mitarbeiter unterschiedlich zu behandeln, wenn er damit das Ziel verfolge, die Betriebsfeiern attraktiver zu gestalten und die Mitarbeiter zur Teilnahme zu motivieren.

Konsequenz
Arbeitgeber können mit "Überraschungsgeschenken" die Attraktivität von Betriebsfeiern steigern und allein die hieran teilnehmenden Mitarbeiter für ihr freiwilliges Engagement belohnen.

24. Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen

Kernaussage
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich die Maßstäbe präzisiert, die für den steuermindernden Abzug von Betriebsausgaben für die Vergütung von Arbeitsleistungen naher Angehöriger gelten.

Sachverhalt
Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer eine in den Streitjahren stetig wachsende Werbeagentur. Er schloss zunächst mit seinem in Frührente befindlichen Vater, später auch mit seiner Mutter einen Arbeitsvertrag ab. Die Eltern sollten für den Kläger Bürohilfstätigkeiten im Umfang von 10 bzw. 20 Wochenstunden erbringen. Das Finanzamt versagte den Betriebsausgabenabzug mit der Begründung, es seien keine Aufzeichnungen über die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden geführt worden. Das Finanzgericht bestätigte diese Auffassung und führte aus, die Arbeitsverträge seien nicht entsprechend der Vereinbarung durchgeführt worden, weil beide Elternteile tatsächlich mehr als die vertraglich festgelegten 10 bzw. 20 Wochenstunden gearbeitet hätten. Darauf hätten sich fremde Arbeitnehmer nicht eingelassen.

Entscheidung
Dem ist der BFH nicht gefolgt. Ob ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen steuerlich anzuerkennen ist, wird anhand eines Fremdvergleichs beurteilt. Dabei hängt die Intensität der Prüfung auch vom Anlass des Vertragsschlusses ab. Hätte der Steuerpflichtige im Falle der Nichtbeschäftigung seines Angehörigen einen fremden Dritten einstellen müssen, ist der Fremdvergleich weniger strikt durchzuführen.

Konsequenz
Vor allem war für den BFH der Umstand, dass beide Elternteile "unbezahlte Mehrarbeit" geleistet haben sollen, für die steuerrechtliche Beurteilung nicht von wesentlicher Bedeutung. Entscheidend für den Betriebsausgabenabzug ist, dass der Angehörige für die an ihn gezahlte Vergütung die vereinbarte Gegenleistung (Arbeitsleistung) tatsächlich erbringt. Dies ist auch dann der Fall, wenn er seine arbeitsvertraglichen Pflichten durch Leistung von Mehrarbeit übererfüllt. Ob Arbeitszeitnachweise geführt worden sind, betrifft hier nicht die Frage der Fremdüblichkeit des Arbeitsverhältnisses, sondern hat allein Bedeutung für den – dem Steuerpflichtigen obliegenden – Nachweis, dass der Angehörige die vereinbarten Arbeitsleistungen tatsächlich erbracht hat.

25. Bei Zimmervermietung an Prostituierte gilt der Regelsteuersatz (19 %)

Kernaussage
Wer in einem Eroscenter Zimmer an Prostituierte entgeltlich überlässt, vermietet keine "Wohn- und Schlafräume zur kurzfristigen Beherbergung" (sog. Hotelsteuer) und muss seine Leistungen deshalb dem Regelsteuersatz (19 %) unterwerfen.

Sachverhalt
Ein Bordellbesitzer vermietete Zimmer an Prostituierte. Diese sog. Erotikzimmer waren mit Doppelbett, Waschbecken, WC, Bidet, Whirlpool und Spiegeln ausgestattet. Der Tagespreis (je nach Ausstattung 110 bis 170 EUR) umfasste volle Verpflegung; Bettwäsche und Handtücher wurden gestellt. Die Flure zu den Zimmern waren videoüberwacht. Der Bordellbetreiber verzichtete auf die Steuerfreiheit und unterwarf die Leistungen in der Umsatzsteuervoranmeldung dem ermäßigten Steuersatz (7 %). Finanzamt und Finanzgericht versteuerten die Umsätze nach dem Regelsteuersatz.

Entscheidung
Das sah der Bundesfinanzhof (BFH) genauso. Vermietet ein Unternehmer Wohn- und Schlafräume, die er zur kurzfristen Beherbergung von Fremden bereithält, so ist diese Leistung anders als die auf Dauer angelegte Vermietung steuerpflichtig (§ 4 Nr. 12 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes – UStG –), unterliegt aber nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG dem ermäßigten Steuersatz. Bei einem Bordell fehlt es am Tatbestandsmerkmal der "Beherbergung". Die Zimmer werden den Prostituierten zur Ausübung gewerblicher Tätigkeiten überlassen.

Konsequenz
Der BFH führte in seiner Urteilsbegründung noch aus, dass die von der Klägerin überlassenen Zimmer gerade nicht für Wohn- oder Schlafzwecke, sondern für gewerbliche Zwecke zur Erbringung sexueller Dienstleistungen genutzt worden seien. Im Gegensatz hierzu würden Hotelzimmer als Wohn- und Schlafräume und nicht als Gewerberäume überlassen. Die Prostituierten hätten zudem nicht für eine Beherbergungsleistung, sondern für die zur Ausübung der Prostitution erforderliche Infrastruktur, wie z. B. die Videoüberwachung zur Gewährleistung der Sicherheit gezahlt. Auch sei ein Bordellbetrieb keine einem Hotel ähnliche Einrichtung, wie dies das Unionsrecht voraussetze. Eine teilweise Anwendung des ermäßigten Steuersatzes komme nicht in Betracht, da die teilweise Nutzung zur Beherbergung hinter der Nutzung für gewerbliche Zwecke der Prostitution zurücktrete. Ob die Leistung als Vermietung steuerfrei sei (§ 4 Nr. 12 UStG) oder eine steuerpflichtige sonstige Leistung eigener Art vorliege, könne offen bleiben, da die Klägerin zumindest auf die Steuerfreiheit verzichtet habe (§ 9 Abs. 1 UStG).


Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen



Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de